Spätestens seit „Shades of Grey“ kennt ihn jeder, den Sadomasochismus. Während es seitdem in dem einen oder anderen Schlafzimmer härter zugehen mag, war das in anderen schon lange vor diesem Roman und seiner Verfilmung die Realität. Was die meisten Menschen bis dahin nicht wussten, ist, dass es eine ganze Szene rund um den Sadomasochismus gibt – die BDSM-Szene. Diese Abkürzung steht für Bondage & Sadomaso und umfasst eine Vielfalt von nicht ganz sanften Praktiken, die weit mehr sind als Spielchen mit Handschellen und Peitschen. Es geht um Dominanz und großes Vertrauen zueinander. Darum, Dinge zu tun, die man unter normalen Umständen niemals tun oder verlangen würde. Der Sadomasochismus ist eine Philosophie für sich, die viel Lust bescheren kann, wenn sie verstanden wird.
Was ist Sadomasochismus?
Es gibt zwei mögliche Deutungen des Begriffs des Sadomasochismus. Der psychologisch relevante Sinn beschreibt eine sexuelle Störung. Im Sinne einer Sexualpraktik, die aus dieser resultiert, ist von BDSM bzw. Sadomaso die Rede. Bei der sexuellen Devianz handelt es sich um die Beobachtung, dass ein Mensch durch die Zufügung von Schmerz Lust empfindet. Es gibt dabei die Seite, die gerne Schmerzen zufügt, dies ist der Sadist in einer solchen Beziehung. Der Masochist empfindet durch Schmerzreize sexuelle Lust. So hart der Begriff der sexuellen Devianz oder Störung klingt, behandlungsbedürftig oder gar krankhaft ist der Sadomasochismus keinesfalls. Solange der Betroffene unter dem Sadismus oder Masochismus nicht leidet, sondern gut damit zurechtkommt und Wege gefunden hat, seine sexuellen Vorlieben zu leben, ist er zwar anders, aber nicht krank.
Der Weg, Sadomasochismus zu leben, liegt in den verschiedenen Sadomaso-Praktiken verborgen, bei denen jeweils einer Schmerzen zufügt und den Partner dominiert und dieser dominierte Partner Schmerzen und Demütigungen erfährt. Solche Beziehungen müssen von Vertrauen zueinander geprägt sein, was mitunter der Grund ist, dass es in der BDSM-Szene Regeln gibt.
Wie ist Sadomasochismus entstanden?
Vermutlich hat es Sadismus und Masochismus schon immer gegeben. In frommeren Jahrhunderten hätte aber natürlich niemals über solche Vorlieben gesprochen werden dürfen, vor allem nicht außerhalb der adeligen Schichten, die sich alles leisten konnten – auch gesellschaftlich. Kein Wunder also, dass der Namensgeber des Sadismus aus den oberen gesellschaftlichen Schichten stammte. Marquis de Sade, der während seiner Gefängnisaufenthalte mehrere pornografische Geschichten schrieb, fiel durch die Neigung auf, Frauen zu schlagen – auch, wenn dies nur eine von vielen Neigungen war, die damals nicht aussprechbar waren. Einvernehmlich waren seine frühen Formen von Sadomaso-Treffen meistens nicht. Ebenfalls auf einen Schriftsteller geht der Begriff des Masochismus zurück, nämlich auf Leopold von Sacher-Masoch. In mehreren seiner Werke kommen Schilderungen dessen vor, was schon eher wie moderner Sadomasochismus anmutet – er beschreibt vertraglich geregelte, inszenierte Beziehungen zu weiblichen Hauptfiguren, die Schmerzen und Unterwerfung praktizieren.
Kleines Sadomaso-Glossar wichtiger Begriffe
Die Welt der Sadomasochisten ist für Neueinsteiger nicht ganz einfach zu verstehen. Es gibt Spielzeuge, von denen sie gar nicht wüssten, wie sie zu verwenden sind. Es gibt Begriffe und Regeln, die man kennen sollte, bevor man sich in einen Darkroom begibt. Und was ist überhaupt ein Darkroom? Mit diesen wichtigsten Begriffen der Sadomaso-Szene fällt es leichter, diese spannende sexuelle Neigung zu verstehen.
- Ageplay: eine Spielform, bei der einer die ältere und einer die jüngere Rolle einnimmt, z.b. Lehrer und Schüler.
- Atemkontrolle: Würgespielchen unterbrechen die Atmung, der Adrenalinspiegel steigt – und damit die Lust…
- Dom: der dominante Part.
- Dungeon bzw. Darkroom: ein meist abgedunkelter, für Sadomasospiele ausgestatteter Raum.
- Kaviar: um die Dominanz über den Sub zu unterstreichen, kann dieser ein kleines „Geschenk“ seines Dom bekommen – ein anales Geschenk…
- Natursekt: dasselbe wie Kaviar, nur dass es sich um Urin handelt.
- Orgasmuskontrolle: der devote Part darf so lange nicht kommen, bis er dazu die Erlaubnis erhält.
- Safeword: Ein Wort, das ein Sadist und ein Masochist miteinander vereinbaren, um Grenzen zu zeigen. Wird das Safeword ausgesprochen, endet das Spiel an dieser Stelle sofort.
- 24/7: eine Extremform des BDSM, bei der der Sub dem Dom rund um die Uhr an allen Wochentagen auf Abruf zur Verfügung zu stehen hat.
Die Welt der Sadomaso-Praktiken
Beim Sadomasochismus ist alles erlaubt, was Schmerzen verursacht und dadurch Lust gewinnt. Die Grenzen beginnen lediglich dort, wo das Safeword ausgesprochen wird. Kreativ ist dabei vor allem der Dom, der sich immer neue Mittel und Wege einfallen lässt, seinen Sub zu bestrafen und Schmerzen zu verursachen. In der Welt der Sadomaso Sexspielzeuge finden sich Hilfsmittel wie Handschellen, die neunäugige Katze (eine Lederpeitsche mit neun Fäden), Knebel oder auch Nippelzangen. Selbst der heimische Küchenschrank kann Inspiration liefern. Beim Figging wird etwa eine Ingwerwurzel anal eingeführt, was zu nicht ganz geringen Schmerzen führt – die ideale Bestrafung für einen besonders frechen, aufmüpfigen Sub. Einige dieser Praktiken sind erklärungsbedürftig und sollten nicht angewendet werden, ohne dass man einmal gesehen hat, wie es richtig funktioniert. Umso wichtiger ist die Vernetzung mit der BDSM-Szene, um sichere Schmerzen verursachen zu können, die nur Lust und nichts anderes aufkommen lassen…
Wer ist die BDSM-Szene?
Natürlich kann BDSM mit einem festen Partner gelebt werden. Das ist aber auch kein Muss und es ist dank der BDSM-Szene auch für jeden Single möglich, seine Neigungen zu leben. Für Paare wie auch für Singles oder Leute in offenen Beziehungsmodellen gibt es Events aller Art, die sich allgemein an Sadomaso-Interessierte richten oder noch zusätzliche Komponenten ins Spiel bringen. Beliebt sind beispielsweise Schwulen- oder Lesbenpartys, Swingerclubs oder Events, auf denen gebuchte Darsteller im Käfig darauf warten, ihrem Meister zu begegnen… Wertvoll sind BDSM-Partys und -Events nicht nur, um neue Leute kennen zu lernen und die eigenen Neigungen besser zu verstehen, sondern auch für den Austausch untereinander. Niemand sonst kann erklärungsbedürftige Techniken so gut zeigen wie jemand, der sie selbst schon angewendet hat.